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(Mittelständische) Unternehmensanleihen -
die neuen Subprimes?

Die Anleger befinden sich derzeit in einer sehr misslichen Situation, bzw. in einem Anlagenotstand. Die Gründe sind die politisch gedrückten niedrigen (seriösen) Zinsen, welche z.T. nicht einmal die offizielle Inflationsrate neutralisieren, eine durch politische Maßnahmen induzierte volatile Börsenlandschaft sowie dadurch explodierende Preise für gute Substanzanlagen. Der Ursprung für diese Situation ist auch hier in der immer noch andauernden Finanz- und Schuldenkrise zu finden.

Die Unternehmen, insbesondere die mittelständischen, befinden sich ebenfalls in einer sehr misslichen Situation. Die Bankenlandschaft, welche für die Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebes bei der überwiegenden Anzahl der Unternehmen unerlässlich geworden ist, hat sich u.a. aufgrund dieser Finanzkrise nur noch auf wenige Bankengruppen reduziert. Darüber hinaus sind die verbliebenen Banken nunmehr gezwungen, ihr Kapital zu erhöhen (Basel III), welches viele Banken durch Abbau von Kreditrisiken und damit Reduzierung der Bilanzsumme, wodurch die EK-Quote automatisch steigt, zu erreichen versuchen.

Folge: Vielen, insbesondere mittelständischen Unternehmen, wird bei sich abzeichnenden Risiken der Kredithahn zugedreht. Wen wundert es, wenn die Unternehmen diesem oft sehr schroffen Diktat der Banken entfliehen wollen und in andere Finanzierungsformen flüchten, bzw. die Anleger höhere Renditen suchen und dabei die Risiken vergessen. Beliebt sind derzeit die Unternehmensanleihen, welche anfangs nur den (DAX-) Unternehmen im Investment-Grade-Bereich vorbehalten waren und nun auch von mittelständischen Untenehmen mit einem Rating deutlich darunter auf dem Markt erscheinen.

Dieser Zyklus erinnert sehr stark an die Entstehung der Subprimes (strukturierte Anleihen auf Basis minderwertiger Hypothekenkredite). Zuerst wurden nur hochwertige Hypothekenkredite in Anleihen verpackt. Nachdem sich diese Anlageform insbesondere für die vertreibenden Banken als profitabel erwiesen hatte, wurde den guten immer mehr schlechte Hypotheken beigemischt, bis nur noch schlechte = Subprimes auf den Markt geworfen wurden und nach Bekanntwerden dieses Risikos ihr Ende in der Finanzkrise fanden.

Ähnliches zeichnet sich jetzt bei den Anleihen mittelständischer Unternehmen ab. Nachdem die Anleihen von Unternehmen mit hoher Bonität auf dem Markt großen Anklang gefunden haben, werden inzwischen hoch verzinsliche Anleihen von Unternehmen mit wesentlich schlechterer Bonität emittiert, die somit bei weitem noch nicht reif hierfür sind und daher ein gewaltiges Risiko sowohl für den Zeichner der Anleihe/ Anleger als auch für das emittierende Unternehmen selbst darstellen.

Risiken für das emittierende Unternehmen:

Die Volumina von mittelständischen Unternehmensanleihen nehmen nicht selten eine Größe ein, welche für die meisten Unternehmen einen reinen Geldsegen darstellen, soll er doch damit die hohen Kosten der Strukturierung (6-10% Nebenkosten + Anleihezins selbst von 6% bis 9%) vergessen machen. Diese Höhe übersteigt nicht selten die bestehende Bilanzsumme des emittierenden Unternehmens oder erreicht die Höhe aller bisherigen Bankkredite, womit bei Umsetzung eine sehr einseitige Abhängigkeit von einem Finanzierungsinstrument entsteht.

Nimmt dann die Höhe der Unternehmensanleihe eine Größe (€ 10 - € 20 Mio) ein, welche an der Börse - so sie denn zum Börsenhandel zugelassen wird - aufgrund der geringen Größe meistens zu sehr volatilen Kursbewegungen führen kann, ist nicht auszuschließen, dass bei interessanter Marktstellung oder bei einem interessanten Produkt Aufkäufer (Investmentbanken/ Hedgefonds, Konkurrenz usw.) mit immensen Geldmitteln für den Ankauf der Anleihe bereit stehen. Das kann u.a. dazu führen, dass bei schwacher Nachfrage oder schlechten Unternehmensnachrichten die Kurse dieser Anleihen sehr schnell fallen und die Aufkäufer sukzessive in den Besitz dieser Unternehmensanleihen zu Preisen weit unter dem Ausgabekurs kommen, um sie bei Fälligkeit mit 100% wieder zur Rückzahlung zu präsentieren.

Sollte dann das Unternehmen bei Fälligkeit in einer wirtschaftlich prekären Situation stecken und nicht fähig sein, die Rückzahlung der Anleihe zu bedienen, entsteht sehr schnell die Forderung nach einem so genannten debt-to-equity-swap = Tausch der Anleihe gegen Anteile des Unternehmens mit der Folge, dass der Aufkäufer dann sehr preiswert zu einem hoch interessanten Unternehmen gekommen ist, bzw. der Unternehmer sein in Jahrzehnten aufgebautes Unternehmen weit unter Preis - wenn überhaupt - verlieren wird.

Sollte andererseits eine Unternehmensanleihe aus Gründen wie auch immer nicht voll platzierbar sein, kommen auch hier diese Aufkäufer sehr schnell zu ihrem Ziel, in dem sie den Rest aufkaufen, um dann genauso zu verfahren, wie oben beschrieben.

Risiken für die Anleger

Bei diesen durchweg bestehenden Konstellationen für Anleihen mittelständischer Unternehmen mit einem für die Börse nur geringen Volumen besteht für den Anleger damit die Gefahr eines Verfalls des Anleihewertes innerhalb kürzester Frist und sogar Verlust des eingesetzten Kapitals.

Mit diesen Ausführungen möchte ich mich jetzt nicht als einen Ablehner oder Verweigerer dieser Finanzierungsform outen. Unternehmensanleihen können eine wohltuende langfristige Ergänzung des Finanzierungsmixes eines Unternehmen darstellen, dürfen aber keinesfalls das alleinige Finanzierungsinstrument sein oder dürfen nie eine Größe einnehmen, welche das Unternehmen davon abhängig macht.

Wichtig ist jedoch, dass das Unternehmen hierzu auch reif ist, d.h. über eine gute Bonität verfügt, das Produkt auf dem Weltmarkt akzeptiert wird und ein entsprechend hohes Wachstum vorzeigen kann, somit einer der Marktführer der Branche ist.

Diese seriösen Aspekte und Struktur sichern dem emittierenden Unternehmen eine hohe Unabhängigkeit und machen es vor Aufkäufern sicher.

Und den Anlegern gibt es die Sicherheit, dass am Ende der Laufzeit das angelegte Geld wieder zurückgezahlt wird.

Gengenbach, im April 2012

 

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