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Banken als Wettbüros

Leserbrief -
erschienen 31.12.2005, Nr. 305, S.10

Zum Quartalsergebnis der Deutschen Bank (F.A.Z. vom 29. Oktober und 28. Dezember): Die Zahlen der Deutschen Bank sind von der absoluten Größe und den Zuwachsraten her beeindruckend, allerdings nicht, wie sie zustande kamen. Die Deutsche Bank, und damit alle Banken mit ähnlich guten Ergebnissen, hat es geschafft, sich aus dem honorablen und Risiko tragenden Geschäft, dem Kreditgeschäft, weitgehend zurückzuziehen, um es durch das so genannte Kapitalmarktgeschäft und den Eigenhandel zu ersetzen, welche gemäß Ihrer Berichterstattung zu 70 Prozent zum Ergebnis der Deutschen Bank beigetragen haben.

Was ist nun aber dieses Kapitalmarktgeschäft? Gehen Sie einmal an den Bankschalter der Deutschen Bank oder irgendeiner anderen Bank und fragen Sie nach Kapitalanlagemöglichkeiten, dann werden Sie mit diesem Kapitalmarktgeschäft in voller Breite konfrontiert. Man wird Ihnen nämlich im Wesentlichen nur noch Fonds und Zertifikate mit den ausgefeiltesten Strukturen mit hohem "Risikopotenzial" und "tollen Gewinnschancen" anbieten, deren "fact sheets" einen Umfang von 20 bis 40 DIN-A4-Seiten haben und die kein Mensch durchliest und nur die wenigsten verstehen. Ich bezeichne diese Papiere als reine Wettscheine, die dem Kunden das volle Risiko überlassen, der Bank aber von Anfang an saftige Provisionen garantieren. Damit mutieren die Banken sukzessive zu reinen Spielbanken. Sie wissen ja, die Spielbank gewinnt immer! Früher bekam man für das Geld, welches man der Bank brachte, Zinsen. Heute muss man in Form von Ausgabeaufschlägen, Management Fees und noch zahlreichen anderen Provisionsarten dafür bezahlen und erhält dafür lediglich Renditeversprechen, die aber meistens nicht eingehalten werden. Verkehrte Welt! In diesem Zusammenhang wundert es mich jedes Mal, dass der Eigenhandel der Banken so wunderbar floriert.

Elmar Emde, Gengenbach

 

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